Das Projekt „Deutschland in Europa“
Wenn es darum geht, eine konstruktive Zukunft für Europa zu finden, ist Deutschland der sprichwörtliche „Elefant im Raum“. Dies spiegelt sich in vier Narrativen wider, die sowohl in der öffentlichen Debatte in Deutschland über Europa als auch in der europäischen Debatte über Deutschland im Vordergrund stehen. Die Tatsache, dass sie sich im Wesentlichen gegenseitig ausschließen und oft kontraproduktiv, wenn nicht sogar völlig falsch sind, macht sie umso problematischer.
Falsches Narrativ 1: Deutschland überragt Europa
Deutschen Politikern wird – nicht zuletzt aufgrund der relativen Größe der deutschen Wirtschaft – nachgesagt, dass sie gerne die Rolle des Hegemons innerhalb der EU spielen würden. Dieses Denken findet sich in verschiedenen europäischen Ländern, vor allem im linken politischen Lager (siehe z.B. den Vorwurf an Deutschland, eine rigorose Sparpolitik zu betreiben). Es ist aber auch in rechtspopulistischen Kreisen verbreitet, wie z.B. in Italien.
Falsches Narrativ 2: Europa unterjocht Deutschland
Das genaue Gegenteil der ersten Erklärungsperspektive lautet wie folgt: Deutschland verliert immer mehr Souveränität an die EU und es hat kaum eine Möglichkeit, diesen Prozess kontrollieren zu können. Dieser Ansatz ist vor allem in der deutschen Diskussion (und dort im politischen Lager rechts der Mitte) verbreitet; siehe z.B. die Diskussion über Deutschlands „EU-Zahlmeister“-Status.
Falsches Narrativ 3: Deutschland gegen Europa
Bei allem pro-europäischen Reden, insbesondere seitens der deutschen Bundesregierungen, verfolgt deren Handeln oft enge nationale Interessen. Ein Beispiel dafür sind North Stream 2 und die Autoemissionen. In diesem Narrativ wird Deutschland oft als Hindernis, aber nicht als Hegemon betrachtet.
Falsches Narrativ 4: Die EU ist viel zu komplex
Das vierte Narrativ manifestiert sich in dem Vorwurf, die EU habe „nichts mit meinem Alltag zu tun“. Es spiegelt dabei weit mehr als eine populistische Stimmung wider. Angesichts der zunehmenden globalen Herausforderungen und der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte geht es bei diesem Narrativ letztlich um das Kernproblem des repräsentativen Regierens und des Umgangs mit Komplexität.
Wie geht es weiter?
Vor dem Hintergrund dieser verschiedenen Narrative basiert unser Projekt „Deutschland in Europa“ auf einem klaren Bekenntnis zu einem konstruktiven Austausch zwischen Deutschland und Europa. Unser Ziel ist es, zumindest mittelfristig die Akzeptanz und das Verständnis für die europäische Idee zu fördern.
Der zentrale Ansatz, mit dem wir unseren Beitrag dazu leisten, ist die Erforschung der Dimension des grenzüberschreitenden Lernens. Dazu stellen wir im Wesentlichen zwei Fragen:
- Was können die Deutschen von anderen EU-Ländern lernen?
- Was können andere EU-Länder von Deutschland lernen?
Riskant, aber keine Alternative für Europa
Die Idee des grenzüberschreitenden Lernens wird zuweilen als Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtet. Was Europa betrifft, stehen die Chancen dabei allerdings gut, dass die europäische Integration ohne gut gemeinte und sorgfältig gesteuerte „Einmischung“ keine wirklichen Fortschritte machen wird.
Der kommunikationsorientierte Ansatz, den der Global Ideas Center grundsätzlich und auch in diesem Projekt verfolgt – vor allem durch unsere Strategic Intervention Papers (SIPs) und Strategic Assessment Memos (SAMs) – zielt vor allem darauf ab, den vorherrschenden Ängsten oder Frustrationen gegenüber Europa entgegenzuwirken. Das ist der Hauptzweck des Aufzeigens von zwischengesellschaftlichen Lösungsansätzen für bisher vernachlässigte, aber oftmals gemeinsame Probleme.
Unsere Finanzierung
Die Arbeit des Global Ideas Center wird durch gemeinnützige Spenden von Stiftungen und Privatpersonen finanziert.
Die Global Ideas Center (GIC) gGmbH ist als unabhängige, steuerbefreite, gemeinnützige Einrichtung nach deutschem Recht registriert, was dem 501(c)(3) Status in den Vereinigten Staaten entspricht. Sie ist vom Finanzamt Berlin-Charlottenburg als gemeinnützig anerkannt, basierend auf den §§ 51 ff. AO.
Unser Startprojekt “Deutschland in Europa” wird im wesentlichen von der Stiftung Mercator gefördert.
Auf der Grundlage der oben beschriebenen Analysekonzepte streben wir auch die Zusammenarbeit mit anderen Stiftungspartnern zu gemeinsamen Fragestellungen an.